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Berichte

Reisebericht "Winterurlaub"
20.01.2011 - 19:31 Uhr
 

Seit über einem Monat habe ich mich jetzt nicht mehr gemeldet und es zwischenzeitlich nur geschafft, ein paar Fotos hochzuladen. Hier kommt aber nun endlich der langersehnte Bericht über unsere Küsten-Reise in den „Winterferien“ vom 19. Dezember 2010 bis 14. Januar 2011:

 Am 19. Dezember fuhren wir vollbepackt mit allem, was man für einen 4-wöchigen Trip durch Ghana braucht (und noch ein wenig mehr) vorfreudig nach Wa, um dort den Nachtbus Richtung Accra zu nehmen.

Da wir im vorraus keinen Plan gemacht hatten, wann wir wo übernachten wollen, kümmerten wir uns in Accra zunächst darum, ein Hotelzimmer zu bekommen. Als das geklärt war, liefen wir (eh noch ein bisschen kaputt von der langen Fahrt) nur ein bisschen durch Accra und besuchten die beiden ehemaligen Sklavenburgen Ussher Fort und James Town. Leider waren beide Burgen nur von außen zu besichtigen und zudem wurden wir von einem sehr unfreundlichen und aufdringlichen Herren begleitet, welcher sich als „Guide“ ausgab und mit halbrichtigem Wissen über die Geschichte der Burgen Geld erhaschen wollte.

 Am nächsten Tag besuchten wir vormittags zunächst den riesigen Makola Market in Accra. Das Angebot dort war wirklich Wahnsinn. Am beeindruckensten fand ich die Bananen-großen Schnecken, welche man entweder lebend oder aber am Stock frittiert erwerben konnte.

Leider waren auch hier die Menschen ziemlich unfreundlich und die Verkaufsstrategie der Verkäufer bestand aus stundenlangem Hinterherlaufen oder Direkt-vor-die-Nase-halten der Artikel.

So macht Shoppen keinen Spaß.

Ich habe für mich inzwischen ohnehin entdeckt, dass es viel mehr Spaß macht, aus dem TroTro heraus einzukaufen. Überall, wo das TroTro zum stehen kommt, sei es an der Ampel, vor Mautstationen oder beim Warten auf Fahrgäste an der Station: Überall laufen Frauen herum, welche auf ihrem Kopf alles tragen, was man sich denken kann und verkaufen dies an die Fahrgäste im Tro.

Ich liebe es, am Fenster zu sitzen und so auch manchmal noch im Vorbeifahren ein paar Kekse oder Wasser zu kaufen. Da wird dann das Geld im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Fenster geworfen.

 Die Ghanaer treiben diese Form des Einkaufens noch auf die höchste Spitze. Ich habe letztens einen Verkäufer gesehen, welcher an einer roten Ampel riesige Couch-Tische in ein TroTro hinein verkauft hat.

Aber das kennt man ja auch aus Deutschland: Es hat sicher jeder schon einmal an einer roten Ampel gestanden und sich gedacht: „Woah, wie gern würde ich jetzt einen Couch-Tisch kaufen...“.

 Aber zurück zum eigentlichen Thema. Nach dem Markt checkten wir im Hotel aus und fuhren nach Tema, wohin uns eine Freundin eingeladen hatte. Tema ist DIE Hafenstadt Ghanas überhaupt und von dort aus wird der gesamte In- und Export verwaltet. Nicht verwunderlich war es also, dass das Haus in dem wir lebten (der Besitzer ist ein Importeur) sehr luxoriös ausgestattet war. Es war riesengroß, hatte Marmorfußböden, Flachbildfernseher, moderne Hifi-Technik und eine Klimaanlage. Lustig fand ich, dass es in dem Haus eine europäische Küchenzeile gab, die Bewohner aber dennoch typisch ghanaisch auf dem Boden sitzend kochten.

In Tema blieben wir ein paar Tage und machten nur am 23.12. einen Ausflug zur Accra Mall. Dies ist ein riesengroßes Einkaufszentrum in Accra, wo es neben einem Apple Store auch ein Sony Center, riesige Kinosäle, Spielzeuggeschäfte und einen Supermarkt gab. Wir kamen aus dem Staunen garnicht mehr raus und kauften uns als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk 3 Schokoriegel, Chips, Himbeer-Marmelade und eine Kugel Erdbeer-Eis.

Um meine Preisliste vom letzten Mal ein wenig zu erweitern:

100 Gramm Aufschnitt-Salami kosten 7 Euro

100 Gramm Ziegenkäse-Brotaufstrich kosten 11,50 Euro

Eine Tafel Ritter Sport Vollmilch kostet 6 Euro

Eine Packung Lindt Nougat-Kugeln kostet 19 Euro

 Am nächsten Tag war dann der 24. Dezember. Bei unserer Gastfamilie in Tema gab es zum Frühstück Grey Porrage, was aussah wie Zement, mit einem Haufen scharfen Ingwer gewürzt war und bei mir den ganzen Tag über für ein Gefühl des Erbrechens sorgte. Frohe Weihnachten.

Zum Ausgleich haben wir in Accra zum Mittag ein echtes dunkles Roggenbrot erstehen können, sowie ein Stück Butter und eine Packung Edamer Käse. Da wir das Billigste vom Billigen genommen haben, hat es nur knapp 7 Euro gekostet. Was für eine tolle Bescherung!

Wir verschickten im Internetcafe noch im Eiltempo Weihnachtsgrüße an die Daheimgebliebenen in Deutschland und fuhren anschließend die Rund 300 Kilometer lange Strecke nach Cape Coast. Dort checkten wir am Abend in einem wunderschönen Hotel ein, welches sogar einen großen Pool besitzt. Das kann man sich Heiligabend schonmal gönnen, dachten wir.

Ansonsten hat man von Weihnachten hier nicht viel mitbekommen. Auf dem Highway lief lediglich ein verkleideter Weihnachtsmann herum, es gab an den roten Ampeln Weihnachtsmützen zu kaufen und die Klingeltöne der Handys waren häufig deutsche (!) Weihnachtslieder.

 Der eigentliche Weihnachtstag ist in Ghana ja eh der 25. Dezember. An diesem Tag essen die Ghanaer für gewöhnlich sehr gut und gehen mehrmals am Tag in die Kirche – dort ist dann fast durchgehend Messe.

Wir haben die Weihnachtsfeiertage, welche dadurch, dass sie auf ein Wochenende fielen, in Ghana auch noch auf Montag und Dienstag verlängert wurden, entspannt am Hotelpool verbracht und unternahmen Ausflüge zum Strand und zur Cape Coast Castle, der größten und besterhaltensten Sklavenburg Ghanas, wo mich die Sklaven-Kerker sehr beeindruckten. Bilder davon sind in meiner Galerie zu finden.

Am 29. Dezember fuhren wir in den Kakum-Nationalpark etwas nördlich von Cape Coast. Hier kann man auf einem Höhenpfad, bestehend aus 8 Hängebrücken, welche bis zu 40 Meter über der Erde angebracht sind, den tropischen Regenwald aus der Vogelperspektive betrachten. Die unendliche Weite des Regenwaldes war an sich schon beeindruckend genug, so das ich nicht traurig war, keine Affen oder Waldelefanten gesehen zu haben.

Dort im Park aßen wir dann noch eine Kakao-Frucht, in der Hoffnung, dass diese irgendetwas Schokoladiges an sich hat. Als der Verkäufer uns den Hinweis gab „Nur den weißen Schleim von den Bohnen ablutschen“ platzte dieser Traum prompt, aber es schmeckte dennoch sehr interessant.

 Am gleichen Tag fuhren wir dann noch die etwa 250 Kilometer lange Strecke von Cape Coast über Takoradi bis nach Axim. Dort wollten wir in einem von deutschen Auswanderern geführten Hotel die nächsten Tage verbringen. Der Strand von Axim ist wirklich der traumhafteste, den ich je gesehen habe und wir konnten unter Palmen liegend wunderbar entspannen – zur gleichen Zeit versank Europa im Schneechaos.

 Der Monat endete schließlich mit einem zwar teuren, aber gigantischem Silvester-Festmahl im Hotel. Bei traditionellem Tanz und Trommel-Musik wurde gegrillter Hummer, Hähnchen, Schwein unzählige leckere Salate, Obst und Leckereien aufgefahren. Es war wie im Paradies. Verwundert hat mich aber, dass gegen 22 Uhr alles weggeräumt und sämtliche Gäste schlafen gegangen sind?!

So kam es, dass um 0 Uhr nur Hans, ich und ein paar andere Deutsche am Strand unter Palmen saßen, eine Flasche Sekt öffneten und bei 12 Wunderkerzen, welche wir für 2 Euro in Accra erstanden hatten, das neue Jahr begrüßten. Um ehrlich zu sein, hat mir das Meeresrauschen auch deutlich besser gefallen, als das Geböller in Deutschland.

 Dass wir, um uns in Axim zu versorgen, immer in das etwa eine Stunde entfernte Dorf laufen mussten, stellte an sich kein Problem dar. Doch leider sind die Dorfbewohner durch die beiden ansässigen Luxus-Hotels sehr darauf getrimmt, dass die weißen Menschen das Geld in Säcken mit sich rumtragen. An jedem Stand wurde versucht, uns übers Ohr zu hauen, Kinder bettelten uns pausenlos an und insgesamt hat es uns nur gefrustet, durch das Dorf zu laufen.

So entschlossen wir uns, bereits früher als geplant, nämlich am 2. Januar, aus Axim abzureisen und fuhren über Takoradi nach Agona und von dort aus 15 Kilometer über eine Sandstraße mitten ins Nichts: Die Green Turtle Lodge bei Akwidaa, nahe dem südlichsten Punkt Ghanas war unser Ziel.

Hier haben 2 Engländer vor einigen Jahren diese Lodge eröffnet, um mit den Geldern der Touristen den Schutz der Riesenschildkröten, welche hier alljährlich ihre Eier ablegen, voranzutreiben.

Da keine Zimmer mehr frei waren und wir so unangemeldet kamen, zelteten wir halt einfach am Strand. Das Zelt hatten wir von einem Amerikaner bekommen und mitgenommen, ohne es vorher auf Vollständigkeit zu prüfen. Schwerer Fehler. Nachdem das Innenzelt, welches größtenteils nur aus einem Netz bestand, aufgebaut war, suchten wir vergebens das wasserdichte Außenzelt. Fehlanzeige. Also wurde mit Panzertape irgendwie mein Regen-Poncho drüber gelegt und wir hatten mit Abstand das künstlerisch wertvollste Zelt auf dem ganzen Gelände.

 Bei fairen Getränke-Preisen und großen Wellen im Meer fühlten wir uns super wohl und blieben bis zum 10. Januar in der Lodge.

Wir unternahmen in der Zeit zwei Ausflüge in das Dorf Akwidaa, in welchem wirklich die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Nur zwei bis drei mal am Tag fährt ein Auto bis in das Dorf, es gibt keinen Strom und die Kinder strahlen einen an, als hätten sie noch nie einen Weißen gesehen.

Zudem wurde uns zum Fufu hier nicht wie üblich Ziegen- oder Schweinefleisch, sondern tatsächlich Ratte angeboten.

 Auf einer zugewucherten Insel an der Bucht des Dorfes fanden wir die Überreste einer alten Burg, welche, unserer Recherche nach, im Jahre 1684 von den Brandenburgern dort errichtet wurde. Tatsächlich hatten die Brandenburger über 30 Jahre hinweg mehrere Burgen an der ghanaischen Küste und haben, bis sie schließlich von den Briten überrannt wurden, Unmengen an Gold, Elfenbein, anderen Rohstoffen und über 30000 Sklaven nach Amerika verschifft. Nur davon weiß heutzutage keiner mehr in der Mark Brandenburg etwas.

 Ein weiteres Highlight war die von der Lodge organisierte Nachtwanderung am Strand entlang. Da wir ideal zur Eiablage-Zeit der Schildkröten kamen, investierten wir die paar Euro, um uns auf die nächtliche Suche nach brütenden Tieren zu machen. Zunächst erfolglos, aber spät in der Nacht kam tatsächlich eine Leather Head (oder so ähnlich) Schildkröte aus dem Wasser. Diese Art ist die größte Gattung der Meeresschildkröten, welche sich dadurch auszeichnen, dass die Flossen statt Beine haben und diese auch nicht in den Panzer einziehen können. Das mit 1,50 Meter Länge noch nicht ausgewachsene und mindestens 22 Jahre alte Tier schleppte seine 500 Kilo Eigengewicht den Strand hinauf, legte mehrere hundert Eier in den warmen Sand und verschwand wieder in den Weiten des Ozeans. Das war echt beeindruckend zu beobachten.

 Am 10. Januar fuhren wir dann von der Lodge zurück nach Takoradi und von dort aus über Cape Coast nach Kumasi in der Mitte des Landes. Von dort aus holte uns Henning, ein anderer Freiwilliger meiner Entsende-Organisation sfd Kassel ab und fuhr mit uns nach Jamasi, wo er mit einem gehörlosen Ghanaer zusammen lebt und an einer Gehörlosenschule arbeitet.

Mit ihm versuchten wir uns am nächsten Tag am batiken, was er als Arbeitsgemeinschaft für die Gehörlosen seiner Schule anbietet. Batik, was man in Deutschland unter Knoten-in-Stoff-machen-und-dann-färben kennt, wird in Ghana zur Perfektion getrieben: Mit heißem Wachs werden tolle Muster auf den unbehandelten Stoff gedruckt und dieser anschließend gefärbt. Nach mehreren Durchgängen entstehen wunderschöne farbenfrohe Stoffe, welche landesweit von vielen Ghanaern getragen werden.

 Am 12. Januar verbrachten Hans und ich dann den gesamten Tag auf dem Central Market in Kumasi, dem größten Markt Westafrikas, mit einer Fläche von 14 Fußballfeldern. Überwältigt von dem riesigen Warenangebot und der noch größeren Masse an Menschen kauften wir viele Dinge, die es bei uns im Norden sonst nicht oder nur sehr teuer gibt. Besonders schwer fiel mir die Auswahl von schönen Stoffen, aus denen ich mit Klamotten schneidern lassen möchte. Es gab mindestens 6 Reihen, je 200 Meter lang, wo nur Stoffe verkauft wurden.

Als wir am Abend zurück im Haus in Jamasi waren, fühlte ich mich extremst kaputt. Ich hatte Kopfschmerzen, Fieber und mir war einfach sehr Unwohl. Malaria?

Als es auch am nächsten Morgen nicht besser wurde, spielte ich kurz mit dem Gedanken, zu einem traditionellen Heiler, Nana genannt, zu gehen. Am Vortag hatte ich noch ein Werbeschild gelesen:

„Ich heile alle Leiden mit traditioneller Medizin! Malaria, Krebs, Tumore, Aids, Amputationen, Nierensteine, Psychosen, Schwangerschaften usw! “

So verlockend das auch klingen mag, entschloss ich mich doch lieber für die westliche Medizin und fuhr in das neue Krankenhaus von Agona. Da unser gehörloser Freund den Chefarzt kannte und ich zudem wieder einmal den Weißen-Bonus bekam, durchlief ich Anmeldung und Bluttest (Kosten: 2,50 Euro) im Schnelldurchlauf. Nach einer halben Stunde stand fest: Ich habe Malaria-Parasiten im Blut.

Mir wurden 2 verschiedene Tabletten und ein Saft mitgegeben. Da das Herstellungsland Indien war und es Tabletten hier prinzipiell ohne Beipackzettel gibt, habe ich zunächst die Wirkstoffe gegoogelt und als gut befunden. Nach der Einnahme und einem Tag Ruhe ging es mir am 14. Januar schon wieder so gut, dass ich die 500 Kilometer lange Fahrt nach Kaleo antreten konnte.

Als wir nach unendlicher Fahrtzeit im vollgestopften Bus (wir hatten einen Motorschaden und bei voller Fahrt die Hälfte des Gepäcks aus dem Kofferraum verloren. Zudem gab es Ärger mit der Polizei, als wir sie innerorts mit 150 km/h überholten) endlich in Wa ankamen, wartete dort bereits Henning mit Nora, unserer Koordinatorin des sfd Kassel, welche zur Besichtigung und Akquirierung neuer Einsatzstellen für 3 Wochen in Ghana ist.

Mit ihr zusammen fuhren nach Kaleo und damit war unser 4-wöchiger Abenteuer-Urlaub auch schon zu Ende.

 Inzwischen ist Nora wieder weiter gefahren, um andere Einsatzstellen zu besuchen. Meine Malaria ist voll auskuriert, dafür hat Hans schlimme Probleme, höchstwahrscheinlich irgendwelche Würmer und ich habe mein Visum um weitere 3 Monate verlängert.

Die Schule hat bis heute noch nicht wirklich angefangen, obwohl sie hätte seit 2 Wochen wieder laufen sollen. Zwei Klassen wurden heute halbherzig unterrichtet, die Schüler dümpeln vielmehr über den Schulhof und die Lehrer gucken Fernsehen.

Ich hoffe, dass ich ab Montag endlich vernünftig unterrichten kann.


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Christopher Ullrich
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