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Berichte

Monatsbericht Mai
06.06.2011 - 13:52 Uhr
 

Im Mai ist ziemlich wenig passiert, weshalb dieser Bericht leider nicht so ausführlich und gefüllt mit tollen Geschichten wird, wie die anderen. 

Als ich zum Beginn des Monats aus Accra zurück nach Kaleo kam, war ich terminlich bereits spät dran, denn offiziell waren die Ferien schon eine gute Woche um und der Unterricht hätte wieder laufen sollen. Doch ich brauchte kein schlechtes Gewissen zu haben, denn wie zu Beginn eines jeden Terms war nur ein Bruchteil der Schülerschaft bereits zur Schule zurückgekommen. Von den Lehrern ganz zu schweigen. Also hieß es ersteinmal weitere anderthalb Wochen keine Arbeit.

Wir nutzten diese Zeit, um ein lange geplantes Projekt umzusetzen.

Hans und ich hatten bei der Spendenaquise im Vorfeld unseres Freiwilligenjahres von deutschen Sponsoren insgesamt 26 USB-Sticks gesponsort bekommen, weil diese hier in Ghana etwa das Fünffache kosten wie in Deutschland aber für die Schüler (gerade im ICT-Unterricht) sehr nützlich sind.

Die große Frage war jetzt: Wie verteilt man 26 USB-Sticks am gerechtesten auf über 900 Schüler in 4 Jahrgängen? Wir entschieden, einen freiwilligen Wettbewerb zu veranstalten, wo sich die Schüler messen können und die Besten einen Stick erhalten. Doch kann dieser Wettbewerb natürlich kein Wissens- oder Sporttest sein, weil dann die unteren Jahrgänge benachteiligt wären, so das wir uns schließlich für das Logik-Rätselspiel „Sudoku“ entschieden.

Nachdem Hans unser Vorhaben einige Tage im voraus bei der Morgenversammlung der gesamten Schülerschaft schilderte und dabei nur den Hinweis gab „Es geht um ein Zahlenrätsel, man muss Zahlen ergänzen, aber nicht gut in Mathe sein.“ ging das große Grübeln bei den Schülern los. Mehrfach täglich kamen Schüler zu unser Haus und wollten uns genauere Informationen, Geheimtipps oder anderes entlocken.

Am besten fand ich einen Schüler der mir folgende Frage stellte: „Master, handelt es sich bei dem Quiz um etwas, das man füllen muss, so dass sich in der Gänze ein numerisches Artefakt ergibt?“ :-D

Völlig ins Grübeln vertieft (oder einfach ghanaisch) verschliefen einige Schüler, sich in die Anmeldelisten einzutragen, andere kamen aufgeregt gleich mehrfach bei mir an, um sicher zu gehen, dass sie auch wirklich teilnehmen können. Am Ende hatte ich fast 80 Anmeldungen registriert.

Mensch, war das schließlich eine Aufregung unter den Teilnehmern, als wir sie am Nachmittag des 8. Mai alle zur „White Men Competition“, wie unser Vorhaben inzwischen betitelt wurde, zusammenriefen. Einer der Schüler hatte doch tatsächlich in seinen Sachen ein altes Soduku-Rätselbuch gefunden, welches er noch schnell mit Freunden zu verstehen versuchte.

Als die hibbelige Meute schließlich in 2 Räume aufgeteilt, die Regeln an die Tafel geschrieben und das Soduku verteilt war, ging es los.

Wir hatten ein Sudoku der Schwierigkeit „Mittel“ ausgewählt, welches ich selbst in weniger als 5 Minuten gelöst hatte und ich konnte mir vorher absolut nicht ausmalen, wie die Schüler damit umgehen würden. Immerhin war das eine völlig neue Aufgabe für sie. Ob sie wohl Buchstaben oder Zahlen größer als 9 in die Kästchen schreiben würden?

Erstaunlich schnell füllten die Schüler ihre Kästchen... eine 2 hier, eine 5 dort, eine 8 da... aber da ist schon eine 8... mist. Das Vorgehen war bei allen gleich: Erstmal Zahlen reinschreiben, die evtl. passen könnten und wenn irgendwann etwas nicht passt, wird nochmal umgebaut.

Der erste Schüler gab in meiner Gruppe nach etwa einer halben Stunde ab – und hatte alles richtig. Wunderbar.

Leider war das nur eine Ausnahme. Nach 90 Minuten hatte etwa die Hälfte meiner Gruppe abgegeben und ich hatte nur 2 richtig gelöste Sudoku zu verzeichnen.

Während ich schon überlegte, wie wir 26 USB-Sticks auf 2 Gewinner aufteilen, gaben die Schüler weiter ihr bestes. Immer wieder hörte man Sätze wie „Ich muss diesen Stick haben!“ oder einfach „4 Gigabyte!!“ durch den Raum hallen. Nach geschlagenen 2 Stunden ging dann alles ziemlich schnell. Ich weiß nicht ob es eine plötzliche Eingebung gab, oder ob meine Aufsichts-Fähigkeit einfach nachließ, jedoch gaben im Sekundentakt Schüler richtige Lösungen ab.

Am Ende hatten wir von 56 Teilnehmern tatsächlich 30 die es (wie auch immer) richtig gelöst haben, die 26 schnellsten von ihnen bekamen die Sticks. Dieses Projekt war echt spaßig.

Die nächsten Tage waren dann wieder eher ereignislos. Der Unterricht begann langsam wieder und außerhalb der Schule begnügte ich mich mit dem Herstellen von Leberwurst und Fahrten nach Nandom und Wa.

Dann kam der Tag des Eurovision Song Contest.

Rein zufälligerweise hatte die Schule wenige Tage zuvor eine Satellitenschüssel inkl. Reciever für das Lehrerzimmer gekauft (144 Euro!! finanziert durch das Schulgeld der Schüler). Da nun prinzipiell die Möglichkeit bestand per Satellit auch europäisches Fernsehen zu empfangen, erkämpfte ich mir hart den Schlüssel für das Lehrerzimmer, um es mir dort abends auf der Couch bequem zu machen. Doch die Ausrichtung der Satellitenschüssel (irgendwie flach in Richtung Asien) durchkreuzte meinen Plan von Grund auf.

Hans entschloss sich kurzerhand, mit Hocker und Zange bewaffnet, die Schüssel zu erklimmen und diese anders einzustellen. (Zur Erinnerung: Die Schüssel wurde von einem teuren Fachmann wenige Tage zuvor exakt ausgerichtet. :-D) Stundenlang scannte ich per Suchlauf am Fernseher alle Satelliten des Weltalls nach deutschen Sendern, während Hans am Dach tatkräftig die Schüssel in alle Himmelsrichtungen drehte. Bis zum Ende leider vergebens. Aber lustig wars trotzdem. :-D

Ansonsten öffnen wir nun abends auch wieder häufiger den Computer-Lab für die Schüler. Da wir eine Möglichkeit gefunden haben, schnell und einfach die kaputten Computer zu reparieren (ich glaub ich hatte unseren Plan der Festplatten-Klonung in einem anderen Bericht erläutert), haben wir inzwischen schon wieder 21 funktionierende PCs. 3 weitere könnten funktionieren, haben aber noch andere Probleme, wie kaputte Mäuse, etc.

Angespornt durch diese vielen funktionierenden Computer wusel ich jetzt auch regelmäßig im Lab, um das Netzwerk ordentlich zu verkabeln, die Steckdosenleisten sinnvoller zu schalten (damit nicht jede Woche eine Steckdose in Flammen aufgeht) und habe letztens sogar einmal den ganzen Lab aufgeräumt.

Jetzt kommen unsere ghanaischen Kollegen ins Spiel, insbesondere der Vorsitzende des ICT-Departments. Ich zitiere unkommentiert:

Master Christ, warum laufen so wenige Computer?“

Master Christ, wieso funktioniert das Netzwerk nicht perfekt?“

Master Christ, nächste Woche kommen Leute zur Inspektion, da muss der Lab besser laufen.“

Hinzu kommt, dass er regelmäßig meine Unterrichtsführung kritisiert, während er selbst hingegen einfach garnicht erst zu seinen Unterrichtsstunden geht. Dankeschön.

Zum Ende des Monats haben wir schließlich noch mit den deutschen Mädls aus der Region eine Schlachte-Party veranstaltet und ich hatte wieder mal die Aufgabe des Schlachters, während Hans für die Namensgabe der Tiere verantwortlich war.

Diesmal gab es zwei Perlhühner und er hat sich für die Namen „Willem“ und „Thorsten“ entschieden. Dass der Chef des SFD "Willem" und der Chef der Organisation der deutschen Mädls „Thorsten“ heißt, ist rein zufällig.

Beide wurden gegrillt und waren sehr lecker. :-)

Und wo wir grad schon beim Essen sind, kann ich auch auf das wechselnde Warenangebot auf dem Markt eingehen.

Denn die Regenzeit ist ja nun hier und bringt neben mit dem vielen Wasser (wir haben beim Gewitter meterbreite Flüsse über das Schulgelände) auch einige neue Dinge.

Punkt 1: Frische Tomaten, welche sonst von jeder noch so kleinen Marktfrau an jeder Ecke verkauft wurden, sind fast kaum noch zu bekommen, und wenn doch, dann matschig und zu teuren Preisen. Danke Regen.

Punkt 2: Anstatt frischer Tomaten gibt es jetzt bergeweise spottbilliger Trockentomaten. Clever, die vom Regen zerstörten Tomaten in die Sonne zu legen und trotzdem noch zu verkaufen. Zusammen mit Öl, Sardinen und Gewürzen habe ich daraus eine sensationell leckere Antipasti gezaubert.

Punkt 3: Melonen!! Endlich! Während der Preis vor wenigen Wochen noch bei 9 Euro für eine Melone lag, bekommt man jetzt eine riesengroße für etwa 75 Cent. Dafür werden die Ananas jetzt immer teurer.

 

Das wars dann auch schon im Mai. Der Juni wird wieder spannender, das kann ich bereits jetzt sagen. Ein kleiner Vorgeschmack auf den nächsten Bericht:

  • Malaria, die Zweite und Schlimmere

  • Ausnahmezustand: Schulleiter erklärt KASHTS zum Schlachtfeld, Schüler lassen Steine fliegen

  • Kurztrip nach Bolgatanga

 

 

Liebe Grüße!

 


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Christopher Ullrich
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