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Berichte

Monatsbericht April
11.05.2011 - 18:55 Uhr
 

Mit einer stressbedingten Verspätung kommt heute nun endlich mein Monatsbericht für den April.

Nachdem ich (wie im letzten Monatsbericht beschrieben) auf Grund des neuen Typen im Computer-Lab die Nase gestrichen voll hatte, verabschiedete ich mich pünktlich am letzten Schultag des zweiten Schulterms, dem 8. April, in die wohlverdienten Ferien.

Eine große, weite und lange Reise stand mir bevor, denn meine Eltern sollten am nächsten Tag in Accra landen und mich dann für 3 Wochen in Ghana beehren. Und um ihnen in dieser kurzen Zeit auch möglichst viele Facetten dieses schönen Landes zu zeigen, hatte ich eine über 2000 Kilometer weite Route kreuz und quer durch Ghana geplant.

Aber mal ganz von vorn: Alles begann mit der obligatorischen 13-Stunden-Busfahrt von Wa nach Accra. Ich hatte mir extra den luxoriösesten Bus (für 15 Euro!) gegönnt, um mich noch ein wenig erholen zu können, bevor es so richtig losging. Doch konnte ich natürlich nicht ahnen, dass der Sitz vor mir für einen kleinen putzigen Affen reserviert war, welcher sich während der Busfahrt damit vergnügte, mir die Schnürsenkel zu öffnen, mein Essen zu klauen oder mich in unregelmäßigen Abständen agressiv anzugreifen. Entspannung sieht anders aus und ich war froh, als wir gegen 6 Uhr am Morgen des 9. April in Accra ankamen.

Nachdem ich im Hotel eingecheckt und alte Bekannte aus Accra wiedergetroffen habe, fuhr ich abends zum Flughafen, um meine Eltern in Empfang zu nehmen.

Da ich viel zu früh am Flughafen war, stieg meine Aufregung ins Unermessliche und ich begab mich mit jeder Minute weiter nach vorn in Richtung der Zugang-Verboten-Zone, um einen möglichst weiten Einblick in den Ankunfts-Gang zu haben.

Als ich mich schließlich sogar schon an einigen Sicherheitsbeamten vorbeigetippelt hatte, freute ich mich riesig, als ich sie endlich sah.

Nach einer kurzen Begrüßung („Kind, was bist du dünn geworden.“) ging es dann raus in die weite afrikanische Welt:

Ein kaputtes, viel zu schnell fahrendes Auto mit lauter Musik. Ich fühlte mich zurückversetzt zu meinem ersten Abend in Ghana.

Im Hotel angekommen übergab ich meinen Eltern ihr erstes „Pure Water“ und einige ghanaische Snacks und erhielt im Gegenzug kiloweise Salami, Käse, Brot, Gummibärchen und andere europäische Leckereien. Fairer Tausch.

Wie straff mein Reiseplan gestrickt war, zeigte sich schon am nächsten Morgen: Nach dem Frühstück blieben uns nur wenige Stunden, um die Highlights Accras (Independence Memorial, Stadion, Kwame Nkrumah Memorial) zu besichtigen, ehe wir zur Kaneshie Station und von dort aus nach CapeCoast fuhren.

Bereits hier wurden meine Eltern von dem Fieber gepackt, an jeder Haltestelle, Ampel oder Mautstation diverse Dinge durch die Seitenfenster des TroTros zu kaufen.

In CapeCoast angekommen bezogen wir nach einiger Diskussion unser Hotel und erst am nächsten Tag wurde die Umgebung unsicher gemacht: Los ging es früh am Morgen mit der Besichtigung der Sklavenburg CapeCoast Castle, welche ich ja bereits im Dezember besichtigt hatte. Nach einer einstündigen Führung erkundeten wir die Burg selbst noch ein wennig und fuhren dann direkt weiter zum nächsten Highlight: Der etwa 20 Autominuten nördlich von CapeCoast gelegene Kakum-Nationalpark war unser Ziel. Auch diesen hatte ich ja bereits schon einmal besucht, aber auf den Hängebrücken hoch überm Regenwald herumzulaufen, macht auch beim zweiten Mal riesigen Spaß. Zudem hatten wir das Glück, dass der Park diesmal extrem leer war und wir uns deshalb viel Zeit bei allem lassen konnten.

Nach einer weiteren Übernachtung in CapeCoast ging es schonwieder weiter: Hans, welcher mit seinem Bruder und seinem Vater die letzten Tage in der Green Turtle Lodge verbracht hatte, wollte die nächsten Tage in CapeCoast verbringen, während unser Ziel die Green Turtle Lodge war. Quasi tauschten wir an diesem Tag die Hotels und trafen uns (das ganze erinnerte mich ein wenig an die RTL2-Sendung „Frauentausch“) standesgemäß zu einem kurzen Plausch alle gemeinsam auf halbem Wege, in Takoradi.

Während Hans also in CapeCoast unterwegs war und anschließend seinen Vater und Bruder in Accra zum Flughafen brachte, chillten wir bis zum 16. April am wunderschönen Strand unter Palmen und besichtigten das kleine süße Dorf Akwidaa, nahe dem südlichsten Punkt Ghanas. Hier kamen meine Eltern erstmals in die Versuchung Fufu sowie Banku zu essen, was zumindest bei meiner Mum keine große Begeisterung auslöste.

Mit meinem Daddy besichtigte ich schließlich noch die Ruine der alten brandenburgischen Sklavenburg auf einer Halbinsel vor Akwidaa, was durch den regenzeitbedingten Pflanzenbewuchs garnicht so einfach war.

Der 16. April war dann ein heftiger Tag, denn eine Reise entlang der gesamten Küstenlinie Ghanas stand vor uns. Frühs aus dem Hotel ausgecheckt, ging es zunächst per Taxi nach Takoradi und von dort aus mit dem erstbesten TroTro weiter bis nach Accra.

Meiner Planung zufolge wollten Hans und ich nämlich noch an diesem Tag bei unseren Freunden und Mit-Freiwilligen vom Sozialen Friedensdienst Kassel, Göran und Merle, in deren Einsatzstelle im Nachbarland Togo ankommen.

Meine Eltern hingegen sollten die nächsten Tage alleine in Ghana bleiben und sich die schöne Volta-Region angucken.

Gesagt getan, trafen wir uns am späten Nachmittag in Accra mit Hans, meine Eltern fuhren alleine in Richtung Ho weiter und wir fuhren, nach kurzer telefonischer Absprache mit Göran, weiter zur togolesichen Grenze.

Diese erreichten wir aufgrund diverser Umstände erst um 22:02 Uhr, wobei die Grenze um 22 Uhr geschlossen wird. Blöd gelaufen, zumal auf togolesicher Seite den ganzen Tag ein Freund Görans auf unsere Ankunft gewartet hatte.

Wir nahmen uns also ein Hotel in der Grenzstadt Aflao und versuchten am nächsten Morgen

unser Glück erneut:

Das ganze war zumindest für mich schon von Anfang an extrem aufregend, weil ein Grenzübertritt in Westafrika ja nicht so einfach gemacht ist wie in Europa und zudem wollte ich ja auch planmäßig zurückkommen, um meine Eltern wieder zu sehen. Und die Spitze des Eisberges war: Mein ghanaisches Visum war ebenfalls nur noch für diesen Tag gültig, das heißt, ich MUSSTE raus.

Schritt eins der Grenz-Odyssee war der ghanaische Grenzposten. Hier mussten wir ein Formular ausfüllen und quasi aus dem Land „auschecken“.

Als wir dem Grenzbeamten aber unsere Formulare und Pässe in die Hand drücken, sagt dieser uns, dass wir, wenn wir jetzt ausreisen, nicht mehr nach Ghana zurück kommen könnten, weil wir kein Wieder-Einreise-Visum in Wa beantragt hätten.

Als wir ihm unseren Plan erzählten, dass wir versuchen werden, in der ghanaischen Botschaft in Lomé (der Hauptstadt Togos) ein neues Visum zu beantragen, meinte der Beamte, dass dies nicht ginge, weil wir keine Togolesen seien.

„Ok, nochmal zusammengefasst: Wa ist über 1000 Kilometer weit weg, mein Visum läuft morgen ab, also ich MUSS raus, komme aber dann nie wieder rein. Richtig?“ - „Richtig.“

Coole Sache.

Als Notlösung bot er uns an, dass wir auf den obersten Boss des Grenzpostens warten könnten und dieser uns ein Notfall-Visum ausstellen könne. Dieses würde aber 150 Dollar kosten und der Chef würde dieses nur ääääußerst ungerne rausgeben. Spätestens an dieser Stelle war mir klar, was hier gespielt wird und während Hans noch am Zweifeln war, sagte ich dem Beamten knallhart, dass er jetzt den Pass stempeln solle und ich dann raus bin – ob ich wiederkomme oder nicht. No risk, no fun. :-)

Der togolesische Grenzposten war da schon viel angenehmer: Formular ausgefüllt, mit den Beamten ein paar Worte Deutsch gesprochen, 15 Euro bezahlt und schon hatten wir unser 7-Tage-Visum für Togo in Form einer Briefmarke im Pass zu kleben.

Es folgte noch eine kurze Kontrolle meiner mitgeführten Taschen und dann waren wir auch schon – schwupp di wupp nach gerade einmal 2 Stunden – in Togo.

Während wir erneut mit Göran telefonierten und auf unseren Abholer warteten, fielen spontan drei Dinge auf:

  1. Wir verstehen kein Wort. Alle sprechen Französisch.

  2. Es gibt hier nahezu keine Autos, sondern nur Motorräder. Ich hatte bei dem riesigen Haufen Motorrädern direkt hinter der Grenze zunächst an ein Rocker-Treffen der „Hells Angels Togo“ gedacht, aber das waren tatsächlich alles Motorrad-Taxen. In Ghana gibt’s sowas nicht.

  3. BAGUETTE!!!! Wie geil ist das denn? Mal fragen, wie teuer das ist. Umgerechnet 15 Cent. Ein Traum. Binnen 5 Minuten hatten Hans und ich 4 große Baguettes verputzt.

Schließlich kam Edih, der freundliche Rasta, welcher bereits am Vortag stundenlang auf unsere Ankunft gewartete hatte und holte uns ab.

Wir fuhren zunächst mit einem Motorradtaxi (sehr interessant sowas, wenn man 2 große Taschen Gepäck bei sich hat) ins Zentrum von Lomé und von dort aus dann mit einem Auto-Taxi weiter irgendwo hin. Da es wie gesagt aber kaum Autos gibt, wurde das Taxi randvoll mit Fahrgästen beladen, wobei 3 Leute in der vorderen Reihe polizeitechnisch sogar noch erlaubt sind.

Dann fuhren wir erst einmal eine Weile durch das Land, raus aus der Hauptstadt, und hatten Zeit die neue Umgebung zu begutachten.

Wir staunten nicht schlecht, als wir am Straßenrand Patisserien entdeckten, welche mit Torten, frischem Eis und Croissants werben. Auch wenn die französischen Kolonialherren in Togo keinen positiven Eindruck hinterlassen haben: Was sie essenstechnisch dagelassen haben, kann sich wirklich sehen lassen.

Am Ende der Taxifahrt mussten wir in ein TroTro umsteigen, was allerdings ein bisschen auf sich warten ließ und somit hatten wir Zeit ein wenig mit der fremden Kultur ins Gespräch zu kommen.

Ich versuchte mein Bestes (immerhin hatte ich 5 Jahre Französisch-Unterricht) und startete an einem Straßenstand eine Konversation auf dem höchstem mir möglichen Niveau: „Bonjour! Je..... veux..... eau.“ (Hallo. Ich will Wasser). Die Verkäuferin reagierte angetan schmunzelnd und ich habe es selbst kaum geglaubt: Ich bekam tatsächlich mein Wasser.

Durch diesen Erfolg beflügelt, versuchte ich mein Glück direkt beim Nachbarstand nocheinmal. Die nette Dame dort verkaufte irgendwelche Zucker-Schaum-Bällchen, welche mich optisch (uns später geschmacklich) sehr an Baisser erinnerten. „Je.... veux... ça.“ (Ich möchte das.) Wieder ein Volltreffer.

Schließlich kam das TroTro und wir fuhren wieder für eine knappe Stunde durch das togolesische Hinterland. Diesmal waren die Unterschiede zu Ghana deutlich erkennbar: Togo hat mit 6,5 Millionen nicht einmal ein Viertel so viele Einwohner wie Ghana. Die Straßen waren kilometerweit menschenleer und irgendwie fühlte ich mich die ganze Fahrt über wie in einem großen kleinen Dorf, in dem jeder jeden zu kennen scheint.

Irgendwo im nichts wurden wir schließlich rausgelassen und fuhren wiederum mit Motorrad-Taxen die letzten 5 Minuten bis nach Djékotoé (Danke an Göran für die Bereitstellung der Schreibweise).

Und dann war es endlich soweit... Zwischen ein paar kleinen Lehmhütten saß Göran. Nachdem wir uns zuletzt auf dem zweiten Vorbereitungsseminar im Sommer 2010 gesehen hatten, fiel der Empfang sehr herzlich aus, und auch Merle und der Togolese Serge hießen uns sehr freundlich willkommen.

Schnurstracks gingen wir zur traditionellen Begrüßungszeremonie über, welche aus einem ziemlich leckeren Lokalschnaps und sehr leckerem Essen mit reichlich Fleisch bestand. So macht Gast sein Spaß.

Im Gegenzug überreichte ich dann auch noch mein Gastgeschenk, welches aus 2 Flaschen Nörten-Hardenberger-Bier bestand, unserem Stammbier von den zwei Vorbereitungsseminaren in Kassel. Die beiden Flaschen hatten inzwischen mehr als 12000 Kilometer im Flugzeug, zu Fuß, auf TroTro-Dächern und Motorrädern hinter sich und sind die wohl weitgereisten Nörten der Welt. Göran plant, mindestens eine der Flaschen wieder zurück nach Deutschland zu bringen.

Wir quatschten eine ganze Weile über alles, was es so zu bereden gibt, wenn man sich 9 Monate nicht gesehen, und davon 8 Monate in zwei westafrikanischen, aber dennoch von Grund auf verschiedenen Staaten aufgehalten hat. Im Gespräch stellte sich schnell heraus, dass wir im westlich gelegenen Ghana wirtschaftlich, infrastrukturell und in Hinblick auf die Essensvielfalt den Togolesen weit voraus sind und so entwickelte sich über die Zeit hinweg ein kleiner Kampf zwischen uns „Wessis“ und den togolesischen „Ossis“ über die jeweiligen Vorzüge des eigenen Landes.

Ebenfalls sehr lustig gestaltete sich Görans Versuch, uns den herbeigeeilten alten Dorfbewohnern Djékotoés in der Lokalsprache Ewé vorzustellen.

So kam es, dass er die Worte einer kleinen uralten faltigen Frau folgendermaßen ins Deutsche zu bringen versuchte: „Ja... also.. Hans... wenn ich das jetzt richtig verstehe, dann möchte die Frau von dir Kinder haben.“ … während Hans schwieg und ich zu lachen begann, musste Göran kurze Zeit später selbst die Peinlichkeit seiner Übersetzung einsehen, als er die Frau schließlich richtig verstand: „... oh... nein... sie will keine Kinder von dir, sondern sie bedankt sich für die Hüftsalbe, die ich ihr gestern gegeben habe.“

Ist ja fast das gleiche. :-D

Am Nachmittag fuhren wir dann per Moto-Taxi zusammen mit Göran, Merle und den beiden Togolesen Serge und Edih nach „Togoville“, dem wohl geschichtsträchtigsten Ort Togos.

Unter der (ich muss zugeben sehr fachkundigen) Führung Görans wurden wir durch das Dorf geführt, welches so historisch bedeutend ist, weil hier der deutsche Afrikaforscher Gustav Nachtigall 1884 mit dem Herrscher Mlapa III. einen Protektoriatsvertrag abschloss und somit Ansprüche auf das gesamte Gebiet Togos erhob.

Heute erinnert eine Statue an dieses große Ereignis und im Haus des damaligen Vertragsabschlusses ist ein kleines aber schönes Museum eingerichtet.

Desweiteren gibt es in Togoville die Kathedrale „Notre Dame du Lac Togo“ zu besichtigen, welche errichtet wurde, weil angeblich die heilige Maria über den angrenzenden Togosee in einer Piroge erschienen sein soll.

In der Hoffnung, dass auch uns zu Ehren irgendwann eine Kathedrale erbaut wird, entschlossen wir uns trotz strömendem Regen ebenfalls zu einer Überfahrt über den Togosee in einer Piroge. Ich fühlte mich ein wenig wie im Spreewald, nur dass der staksende Fährmann keine Tracht anhatte oder Gurken verkaufte.

Am anderen Ufer angekommen stand uns ein kleiner Fußmarsch bevor, bei dem Göran im Ost-West-Battle punkten konnte, indem er uns eine solarbetriebene Straßenlaterne vorführte.

Schließlich fuhren wir noch in eine kleinere Stadt, um dort gemütlich in deinem Drinking-Spot den Abend ausklingen zu lassen. Auch hier staunte ich nicht schlecht, wie der koloniale Einfluss (diesmal der deutschen Herrschaftszeit) nachklingt: Es gab togolesisches Bier mit bayerischen Wurzeln und deutschem Etiketten-Aufdruck.

Am nächsten Morgen zeigten uns Göran und Merle dann ihre Arbeit bei der örtlichen Schule. Sie bringen dort Kindern im Vorschulalter spielerisch Französisch-Grundkenntnisse bei, damit ihnen der Einstieg in die Schule leichter fällt. Die kleinen Kiddies in ihrer Gruppe sind wirklich extrem niedlich und es machte wirklich Spaß, ihnen beim Gedichte-Aufsagen, Singen, oder Stille-Post-Spielen zuzugucken. Letzteres war besonders amüsant, da einige Kinder erwartungsvoll ihre Ohren zusammenhielten, anstatt den Mund ans andere Ohr zu halten.

Schließlich gab es noch eine Führung des Schulleiters durch die 6 Klassenräume.

Am Nachmittag verabschiedeten wir uns von Merle und Serge und fuhren nur mit Göran und Edih zusammen wieder runter in die Hauptstadt Lomé.

Da ich gesundheitlich ein wenig angeschlagen war, konnte ich diese Fahrt nicht wirklich genießen, aber ein Baguette mit leckerer Avocado-Füllung für umgerechnet 30 Cent hob meine Stimmung schließlich.

Wir verbrachten die Nacht in Edih's Haus am Rande von Lomé, um am nächsten Morgen früh zur ghanaischen Botschaft zu fahren. Denn da war ja noch was offen.

Also fuhren wir mit einem kurzen Abstecher bei der Bank zur Botschaft und bereits der Türsteher prägte das Bild: Er ließ Göran aufgrund seiner Kleidung nicht ins Botschaftsgebäude. Nachdem wir uns dann ausführlichst angemeldet und sämtliche Elektronik abgegeben hatten, gingen wir erwartungsvoll ins Botschaftsgebäude.

Im kacken-freundlichsten Französisch begrüßte ich die Dame am Emfang: „Bonjour madame, comment ca va?“ … Ihre Antwort fiel ähnlich freundlich aus. Grimmig-befehlend brüllt sie: „PASSPORTS!“....

Wir überreichen ihr kleinlaut unsere Pässe, was die Frage zur Folge hat, was wir denn wollen.

Ich schildere, dass wir gerne ein Visum hätten, um zurück nach Ghana zu kommen, weil wir dort...... - ich werde unterbrochen -

„Ihr seid keine Togolesen, ihr bekommt hier kein Visum für Ghana!“

Mein Herz rutscht durch die Magengegend, am Darm vorbei hinunter durchs Bein und zerschellt schließlich auf dem gefliesten Boden. Hatte der Beamte von der Grenze tatsächlich Recht? Wie kommen wir jetzt nur zurück? Wie sollen meine Eltern drüben in Ghana alleine überleben? Ratlosigkeit.

Nach einer Minute des betretenden Schweigens reicht uns die liebenswürdige Dame jeweils 4 Formulare durch die Luke. Wie? Jetzt doch? Egal. Einfach nicht fragen, nehmen und gehen.

Wir füllen die 4 Formulare ordnungsgemäß (inkl. Rückflugnummer und so weiter, wir waren auf alles vorbereitet) aus, kleben 4 Passfotos drauf und geben es der Empfangsdame nach einem kurzen Stoßgebet zurück.

„Da fehlt eine Telefonnummer.“ ist die Antwort auf meinen Antrag. Ok, damit bin ich noch gut davongekommen, denn bei Hans hieß es: „Das kann keiner lesen, füll die 4 Seiten komplett nochmal aus.“

Beim zweiten Versuch war dann scheinbar alles OK und wir durften die Bearbeitungsgebühr von umgerechnet 45 Euro entrichten.

Dann kam die Frage: „Habt ihr einen Brief?“ … Einen Brief? Was denn für einen Brief? Da wir aber auf wirklich ALLES vorbereitet waren, hatten wir im vorraus einen französisch-sprachigen Brief anfertigen lassen, welcher bestätigte, dass wir Freiwillige in Ghana sind und nur mit friedlichen Absichten nach Togo kommen, etc.

„Ja, haben wir“... Ha, damit hatte die Tussi nicht gerechnet. Wir wurden aufgefordert, uns hinzusetzen und konnten so die Zeit nutzen, zu beobachten, welch einen enormen Spaß diese Dame hatte, Anträge von anderen Weißen gnadenlos abzulehnen oder es ihnen zumindest so schwer wie möglich zu machen. Schließlich hieß es: „Kommt morgen wieder mit einer Kopie des Briefes.“

Morgen war aber schon der Tag, an dem wir zurück nach Ghana wollten. Aber egal, Mund halten und auf morgen hoffen.

Wir verbrachten den Tag dann zusammen mit Göran am Strand von Lomé, chillten, aßen Eis, kauften neue Shirts. Was man halt so macht am Strand.

Dort am Strand habe ich auch die bisher krasseste Motorrad-Besetzung überhaupt gesehen: Da fuhr tatsächlich ein Motorradfahrer mit fünf (!!) Beifahrern! Sechs Menschen auf einem Motorrad! Sowas gibt’s auch nur im Osten.

Am Abend schauten wir dann in einer Sportsbar noch gemeinsam ein Fußballspiel und quatschten bis tief in die Nacht hinein über alles und nichts.

Der nächste Morgen. Immernoch mit einem flauen Gefühl im Magen und der Unsicherheit, ob wir wohl heute zurück nach Ghana kommen könnten, fuhren wir nach dem Frühstück zur Botschaft. Und jetzt bitte ganz genau lesen: Wir gingen rein, gaben die kopierten Briefe ab, bekamen unsere Pässe samt Visum und gingen wieder. Keine 2 Minuten. Wahnsinn.

Wir fuhren also zusammen zum Grenzposten, verprassten gemeinsam unsere letzten Münzen, nahmen einen Abschiedstrunk und ich für meinen Teil kaufte noch über 10 Baguettes für die Mitnahme nach Ghana.

Der Grenzübertritt ging dann schnell. Wir loggten uns in Togo aus und zeigten am ghanaischen Grenzposten unsere neuen Visa vor. Leider war diesmal nicht der Beamte vom letzten Mal da. Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen.

Wer Lust auf einen ausführlichen und amüsanten Bericht über unseren Besuch in Togo aus der Gegensicht haben möchte, dem empfehle ich dringend, Görans Bericht „Besuch ausm Westen“ unter folgendem Link: http://goeranintogo.wordpress.com/2011/04/21/besuch-ausm-westen/

Zurück in Ghana also machten wir uns auf den Weg nach Hohoe, wo meine Eltern inzwischen angekommen waren. Spät am Abend kamen wir dort an und tauschten uns über unsere Erlebnisse in den letzten Tagen aus. Während unserer 4tägigen Togo-Odyssee sind meine Eltern in der Volta-Region den großen Akosombo-Staudamm, sowie das Affenreservat „Tafi Atome“ besichtigen gewesen.

Am nächsten Morgen ging es dann wieder gemeinsam weiter. Wir fuhren mit dem Ziel „Tamale“ zunächst mit dem erstbesten TroTro Richtung Norden. Irgendwann wurde die Straße schlechter und wir mussten das TroTro wechseln. Dann wurde die Straße noch schlechter und noch schlechter und irgendwann wurden wir in einem kleinen Kaff mitten im Nichts ausgesetzt - „Endstation“.

Die einzige Möglichkeit von dort weg zu kommen war jetzt ein uraltes, vor Staub kaum noch erkennbares, teures, ich-bezweifle-dass-das-noch-fährt Sammel-Taxi. Da der Sonnenuntergang herannahte und die Aussicht auf eine vollständige Füllung des Taxis (erst dann fährt es los) in den nächsten Stunden sank, kauften wir halt alle verbleibenden Plätze und fuhren los. Die Straße wurde noch schlechter. Im Nachhinein haben wir gehört, dass dies die zweitschlechteste Straße ganz Ghanas sei.

Bis zum nächsten Kaff. Dort hatten wir aber ein wenig Glück und bekamen das letzte TroTro des Tages weiter in Richtung Norden. Doch an dessen Endstation, der Stadt Bimbila, ging dann nix mehr. Es war 21 Uhr und wir kamen definitiv nicht mehr weiter. Also wurde die Nacht in einem Hotel verbracht und erst früh am nächsten Morgen ging es weiter:

Per Bus nach Yendi und von dort aus nach Tamale. Wahnsinn. Ich bin noch nie so oft umgestiegen, um an mein Ziel zu kommen.

In Tamale warteten wir dann quasi den gesamten Nachmittag darauf, dass unser Metro-Bus endlich kommt und wir noch irgendwie Tickets kaufen können. Da aber alle Tickets bereits verkauft waren, blieb uns nur noch ein Stehplatz für die verbleibende 3-Stunden-Fahrt nach Larabanga, dem kleinen Dorf nahe dem Mole-Nationalpark, welchen ihr schon aus meinem letzten Bericht kennt.

In Larabanga schliefen wir wieder bei den Salia Brothers auf dem Dach, um am nächsten Morgen frühs die Walking-Safari durch den Park zu machen. Und diesmal hatten wir tatsächlich Erfolg. Schon nach wenigen Minuten stand ein riesengroßer Elefant vor uns... und noch einer... und da noch einer... Zusammengerechnet mit den Tieren, die wir bei unserer späteren Safari per Jeep noch entdeckten, konnten wir 9 Elefanten sichten und den ganzen Tag beim Baden im Wasserloch beobachten.

Nach einer weiteren Nacht in Larabanga ging es dann endlich zurück nach Kaleo. Da meine Eltern allerdings erhebliche Magenprobleme hatten, musste das Programm für Kaleo ein wenig gekürzt werden. So chillten wir eigentlich die gesamte Zeit, machten aber einen Ausflug nach Wa, besuchten einige Freunde in Kaleo und tranken sogar Pito.

Am 28. des Monats ging es dann per Bus wieder runter nach Kumasi, wo wir am folgenden Tag den 14-Fußballfeld-großen Zentralmarkt besichtigten. Meine Mum war von den ganzen Eindrücken völlig überwältigt, während mein Daddy sich sogar spontan ein Batik-Hemd schneidern ließ.

Den Abend nutzten wir – da es ja der Abschiedsabend war – dazu, gemeinsam in eine noble Pizzeria zu gehen und ich habe mir die fetteste Pizza auf der ganzen Speisekarte bestellt. :-)

Am nächsten Morgen ging es dann nach einigem Hin und Herr wieder zurück nach Accra, wir kauften noch schnell ein paar Souveniers auf dem Art Centre Market und dann ging es für meine Eltern auch schon wieder nach Hause.

Ich hingegen blieb noch bis zum 3. Mai in Accra, um das schnelle Internet zu nutzen und einige Dinge einzukaufen. Außerdem konnte ich dem Angebot der Hauptstadt nicht wiederstehen und habe mich mit Oliven, Sauren Gurken, Grünem Tee, Cornflakes, Milch und Eis eingedeckt und habe einen Chickenburger und 3 Erdbeer-Milchshakes zu mir genommen. Man gönnt sich ja sonst nix.

Als ich dann am 3. Mai abends den Nachtbus zurück nach Wa nehmen wollte, kam es noch zu einem kleinen Zwischenfall:

Es war dunkel, ich wollte aufs Klo und passierte eine Straßenkreuzung. Ein LKW biegt um die Kurve und zwingt mich dadurch, einen Schritt zur Seite auszuweichen. Dabei übersehe ich ein etwa 2 Meter tiefes Abwasser-Loch am Straßenrand und falle mit dem rechten Bein hinein. Mein linker Fuß hat den Sturz abgefangen und tat höllisch weh.

Also ging es statt aufs Klo erstmal direkt ins Krankenhaus zum Röntgen. Gott sei Dank ist es „nur“ eine Verstauchung und im Moment (eine Woche danach) kann ich auch schon wieder vernünftig laufen.

Der Bericht ist schon lang genug, es muss auch was fürs nächste Mal bleiben.


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Christopher Ullrich
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